Stresemanns Ganz normal

Der brave Bürger als Betrüger

Dortmund. Die Bauarbeiter staunten nicht schlecht, als der Bagger in fast zehn Metern Tiefe über Blech schrammte. Ein Firmeninhaber aus dem Westfälischen, in finanzielle Not geraten, hatte 1989 seinen Lkw als gestohlen gemeldet. Die Versicherung zahlte, trotzdem musste die Firma wenig später schließen. Die Stadt kaufte das Gelände, wollte bauen und erlebte eine außergewöhnliche Überraschung: Der Pleitier hatte den kompletten Lastzug auf dem Firmengelände vergraben. Der Betrug flog auf.

Aber die finanzielle Notlage ist nur ein Grund, warum auch unbescholtene Bürger zu Versicherungsbetrügern werden. Policen gibt es wie Möwen an der Waterkant und die Möglichkeiten, sich mit ihrer Hilfe Geld zu beschaffen, sind schier unendlich. Eine Branchen-Umfrage hat ergeben, dass jeder vierte Versicherte schon einmal seine Versicherung betrogen hat. Ein Grund dafür: Manche Versicherungsnehmer halten ihre Assekuranz für eine Bank, bei der sie glauben, im Laufe der Jahre ein Guthaben angehäuft zu haben.

Foto: Matthias Groeneveld

Sicher, in den meisten Betrugsfällen werden nicht die ganz großen Dinger gedreht. In der Summe geht es allerdings um immense Beträge: „Wir schätzen den jährlichen Schaden für die Versicherungswirtschaft auf rund vier Milliarden Euro bundesweit”, stellt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirt- schaft e.V. (GdV) in Berlin fest. Dass die meisten Fälle von Versicherungsbetrug jedoch weder erkannt noch erfasst werden, belegen die Vergleichszahlen des Landeskriminalamts NRW für das Jahr 2020: Nur 1113 angezeigte Fälle (2019: 1140 Fälle) sind dort registriert, 97,5 Prozent konnten aufgeklärt werden. Der Gesamtschaden in NRW laut Statistik: gerade einmal 5,8 Millionen Euro. Wie das zustande kommt? Mit verantwortlich ist sicherlich die Tatsache, dass Versicherungen bei Werten unter 2000 Euro aus Kostengründen so gut wie nie nachprüfen.

In einem außergewöhnlichen Fall aus Holzwickede hatte der Protagonist nicht mit einer Prüfung gerechnet. Ein in Konkurs gegangener Kaufmann hatte bei der Polizei einen Einbruch gemeldet, bei dem angebliche Teppiche im Wert von mehreren Hunderttausend Mark gestohlen wurden. Die Spur: Eine Terrassentür mit Bohrlöchern im Hebelgriff. Die Polizei forschte nach und kam dem Kaufmann auf die Schliche. Die Tür hätte durch die vorgenommenen Bohrungen niemals geöffnet werden können, denn sie besaß einen Kipp-Hebe-Mechanismus. Der Betrug war enttarnt.

Foto: Meruyert Gonullu

Entgegen der landläufigen Meinung, beim Versicherungsbetrug handle es sich um ein Kavaliersdelikt, erfüllt er grundsätzlich einen Straftatbestand. Die KFZ- und Hausratsversicherungen sind in diesem vielfach undurchsichtigen Spiel diejenigen, die am häufigsten in die Tasche greifen müssen. Provozierte Auffahrunfälle, so genannte „Autobumsereien”, kommen beispielsweise häufiger vor, als man denkt, auch in großem Stil.

Wesentlich weniger Ahnungslose sind beteiligt, wenn es ums Betrügen der Hausratversicherung geht. Seit die gesetzlichen Krankenkassen Sehhilfen nicht mehr bezuschussen, setzen sich immer mehr Leute versehentlich auf die Brillen ihrer Nachbarn. Auch bei den Wertangaben von Laptops, Autoradios & Co., die bei Einbrüchen entwendet wurden, ist Ehrlichkeit nicht immer Trumpf: Da wird schon mal die Rechnung für ein Neugerät bei der Versicherung eingereicht, dass sich eigentlich ein Stammtischbruder gekauft hat. In feucht-fröhlicher Runde noch als Held gefeiert, wird der Versicherungsbetrüger schlagartig nüchtern, wenn ihm eine Gerichtsvorladung ins Haus flattert.

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