
Ab und an entdecke ich etwas, dass mich jahrelang beschäftigt. Eines davon war auch die Sache mit dem Tipp über den ruhigen Kaffee.
Überhaupt, auf Tipps allerlei Art stehe ich und das kam so:
An einem stürmischen Winternachmittag des Jahres 2010 entdeckte ich den Haushaltstipp, der lange Zeit für mich der Genialste bleiben sollte. Beim müßigen Blättern in einer Zeitung fiel mein Blick auf eine kleine Notiz, die unauffällig am Ende einer Spalte stand:
Beim Tragen einer Kaffeetasse wird vom Inhalt nichts verschüttet, wenn man in die Tasse einen Löffel stellt.
Bis zu diesem goldenen Augenblick hatte ich wahre Tankwagenladungen Kaffee auf Untertassen, antiken Möbeln, Büroschreibtischen und Kleidung aller möglichen Leute verschüttet. Folglich war dieser bescheidene Hinweis für mich außerordentlich wichtig. Ich eilte in die Küche und kochte Kaffee. Die nächsten fünf Minuten trug ich meine volle Kaffeetasse durch die Wohnung spazieren, erst ohne, dann mit Kaffeelöffel darin. Ohne den Löffel in der Tasse gab es ein Fußbad. Mit dem Löffel glich der Kaffee einem ruhigen Weiher.

Bis dahin hatten mich Haushalts-Tipps kalt gelassen. Jetzt sammelte ich sie und kritzelte ganze Notizbücher damit voll. Außerdem wurde ich Mittelpunkt jeder Gesellschaft. Wo immer ich eingeladen war, hielt ich die Augen nach überschwappendem Kaffee offen. Trat das Missgeschick ein – oder tranken wir auch nur gemütlich Kaffee -, pflegte ich loszulegen: „Wissen Sie vielleicht auch, wie viel ein Kubikmeter Bauschutt wiegt? 1.360 Kilo! Wissen sie, wie man am besten eine Baskenmütze trocknet? Indem man sie über einen Teller zieht. Wissen Sie, wie ….?“
Mit derlei Geheimtipps habe ich manch geselliges Beisammensein – und auch manch ungeselliges – beherrscht. Um ganz ehrlich zu sein war ich bis vor kurzem der Meinung, einfach alles zu wissen. Aber der Trick mit dem Kaffeelöffel überragte majestätisch alles und blieb unvergleichlich, bis zu jener Begebenheit neulich an einem Samstag um 16:32 Uhr in einem kleinen Provinznest.

Ich besuchte dort meinen Bruder und seine Familie und da sie mich mit großem Geschrei aufgefordert hatten, eines meiner berühmten Essen zu kochen, werkelte ich glücklich in deren Küche herum. Doch dann versuchte ich ein Glas Oliven zu öffnen. Nach einem fünf Minuten währenden Kampf mit dem Deckel begann ich so zu fluchen, dass sich die Luft rötete. Mein Bruder und meine Schwägerin kamen hereingestürzt. Meine Schwägerin erfasste die Situation, nahm mir das Glas aus der Hand, hielt es mit dem Deckel nach unten und schlug es zweimal flach und fest auf die Arbeitsplatte. Dann öffnete sie mühelos mit nichts als ihrer zarten, rosigen Hand unter leichtem Drehen den Deckel.

„So ein Schwindel!“ rief ich anklagend. Aber sie holten noch eine Flasche Tomatenketchup und ein Glas rote Rüben und bestanden darauf, dass ich es nachmachte. Wie selbstverständlich öffneten sich die Deckel. Das ganze Geheimnis bestand nur darin, dass man den Deckel flach auf eine gerade Fläche schlägt. Peng, peng, drehen fertig!
Meine Schwägerin meinte, dass diese Technik bei ihnen seit Jahren Allgemeinwissen sei. „Nie hat mir das jemand verraten,“ jammerte ich, „mir! Eurem eigenen Fleisch und Blut!“ Jahrelang hatte ich ihnen meine Feinschmecker-Rezepte anvertraut, hatte ihnen geraten, wie sie durch Auftragen von Buttermilch mit Hafermehl ihre Sommersprossen loswerden konnten. Und sie hatten mir nie auch nur den geringsten Hinweis von wegen Deckel und gerader Fläche gegeben. Fleisch und Blut hin, Fleisch und Blut her, ich hätte einen Kubikmeter Bauschutt, Gewicht 1.360 Kilo, über sie ausschütten können.

das Leben ist viel einfacher mit ein paar Tricks 🙂