

Viele der bunten und fröhlichen Spots sind heute vielen noch im Gedächtnis und immer noch abrufbar: Der Colgate-Test: „Mammi, Mammi, er hat überhaupt nicht gebohrt“, verhieß Gutes für die Zahnpasta. „Das weiß man, was man hat“ versicherte einem der Persilmann glaubwürdig wie ein Tagesschausprecher. Und sollte auch heute noch Jacobs-Kaffee die bevorzugte Kaffeemarke sein, könnte das an Karin Sommer liegen. Sie rettete wirklich jede Situation mit ihrer wunderbaren Krönung von Jacobs Kaffee: „Bei Jacobs kann ich mich auf die Qualität verlassen. Da hat jede Tasse das große Aroma.“ Und wer erinnert sich nicht an „Das größte Wäschestück der Welt“, das, schön verdreckt, der „Weiße Riese“ wieder sauber wusch?: „Riesenweiß durch Riesen-Waschkraft“ eben.


Im Alltag zog nun schleichend ein Stoff ein, der seine Geburtswehen schon früh erlebte, aber nur in ganz geringem Umfang im 50er Jahre Alltag und den 60ern auftauchte, nun aber weite Teile des alltäglichen Lebens eroberte, – der Kunststoff. Er ersetzte in der Werbung die Blech- und Emailleschilder, welche andererseits immer mehr das Interesse von Spezialsammlern hervorriefen.
Die meisten Hersteller von Blechspielzeug sahen sich der Konkurrenz des Kunststoffes machtlos ausgeliefert; nur wer sich rechtzeitig umgestellt hatte, wer früh genug diese Macht des Markt verschlingenden Dinosaurus Kunststoff sowie dessen Möglichkeiten auf dem Gebiete des Design erkannte, konnte noch einigermaßen wettbewerbsfähig bleiben. Aus dem Bereich des Blechspielzeugs fällt mir hierzu spontan die Firma Gama ein. Typisch die Autos und anderes Spielzeug dieses und etlicher anderer Hersteller, – sie waren teils aus Kunststoff, teils noch aus Blech gefertigt waren. Die ersten Plastikmodelle kamen aus Japan. Mehr und mehr Hersteller fingen an, ihre Werbung auch auf Blechschildern anzubieten.



Im Gegensatz zu Ariel pfeift Persil auf eine Story im Werbeclip und setzte in den 70er-Jahren einfach einen Mann neben einen Persil-Waschkarton. Der erklärte dann den Zuschauern in Sesamstraßen-Manier, was Persil so besonders macht. Da wusste man, was man hat. Duracell hielt entscheidend länger: Eine Armee rosaroter Plüschhasen trommelte ab 1973, was das Zeug hielt, um deutlich zu machen: Nur eine Batterie hält wirklich länger.
Die Firma Ado hat in den 70er Jahren so massiv TV-Werbung gemacht, so dass 90% aller Deutschen die Ado Gardine mit der Goldkante kannten. Das Werbegesicht für Ado war die in den 50er und 60er Jahren sehr bekannte Schauspielerin Marianne Koch. Die bekannte Goldkante war übrigens nichts anderes als ein Faden, der um das Beschwerungsband der Gardine gezwirnt wurde. Der Erfolg von Ado Gardinen hielt bis in die 80er Jahre an, aber trotzdem ist die Kindheitserinnerung an die Werbung noch ziemlich präsent.
Die Fernsehwerbespots der 70er Jahre waren farbenfroh, spielten mit Landschaftsbildern und Einblendungen der Produkte, warn aber im Vergleich zu heutigen Spots langsamer und ließen sich mehr Zeit, eine Geschichte zu erzählen. Mit Dialogen wurde nicht gespart – Musik fand oft nur am Ende des jeweiligen Spots ihren Platz. Während der erzählten Geschichte fand man oft Einblendungen von prägnanten Slogans, die gleichzeitig nachgesprochen wurden.
Bei aller Offenheit für Buntes, Neues, Verrücktes war man wohl auch in den 70er Jahren noch der Meinung, dass der Verbraucher sachlich informiert werden möchte – ein Bemühen um betonte Seriosität in den Aussagen war nicht zu übersehen.


Bei aller Seriosität zeichnete sich ein anderes Element des damaligen gesellschaftlichen Wandels in der Werbung ab: Die sexuelle Freizügigkeit. Im Fernsehwerbespot geriet der Schokoladenkauf auf der Almhütte zum heißen Flirt mit der tief dekolletierten Alm-Wirtin und lüsterne Nonnen tranken „Afri-Cola“. Für die damalige Zeit ein wohl gezieltes Spiel mit der Provokation und dem Reiz des Halb-Verbotenen. Wer modern war und nicht prüde erscheinen wollte, trank nun eben auch „Afri-Cola“ und war damit auf der Höhe der Zeit.


Trotz solcher Offenheit wurden in den Spots der 70er weiterhin eher klassische Rollenbilder vermittelt: „Mutti Clementine“ staunte, wie weiß „Ariel“ wusch und selbstverständlich waren die Juwelendiebe, die am praktischsten und schnellsten mit ihrem VW Käfer türmten, „echte“ Männer. Frauen hingegen suchten den Kaffee aus und „Wicküler-Bier“ trinken Männer, wie wir.
Auffällig im Bereich der Genussmittelwerbung war – im Gegensatz zu heute – ein sehr unverkrampftes Verhältnis zu Alkohol und Tabak. Das Rauchen von Zigaretten wurde dabei nicht so sehr im Zusammenhang mit Arbeit oder Stress dargestellt, sondern vielmehr als ein Genuss, der die Freizeitgestaltung noch angenehmer machte. Ebenso hatte die Werbung für harte Alkoholika einen selbstverständlichen Platz in der Werbelandschaft.


Ein wohl spezifisches Kuriosum der 70er Jahre fand sich in einer Kleiderkatalog-Werbung für Herren: Knöpf-Pullover mit Gürtelschlaufe in Beckenhöhe und Gürtel – immerhin zu einer Zeit als das Wort „metrosexuell“ noch nicht erfunden war. Durchgesetzt hat sich diese Idee jedoch nicht.