Das erste kommerzielle Transistorradio kommt 1954 in den USA auf den Markt, das Regency TR-1. Hergestellt wird es von Industrial Development Engineering Associates (I.D.E.A.) im Auftrag von Texas Instruments. Das Gemeinschaftsprojekt soll dafür sorgen, dass Transistoren von TI und Antennenverstärker von I.D.E.A. Unters Volk gebracht werden.
Der Werbeslogan ist „See it! Hear it! Get it!“ – und die US-Amerikaner können nicht widerstehen. Zum Weihnachtsgeschäft kommt der Mittelwellen-Empfänger in den Verkauf. Der Preis: 49,95 US-Dollar, inflationsbereinigt entspricht das etwa 500 Euro. Lieferbar ist der Empfänger in vielen Farben wie Grün, Lavendelblau, Perlmutt oder Rot. Verkauft werden 150000 Exemplare.

Ob es ein guter Kauf ist? Rückblickend hat der TR-1 etliche Negativpunkte, zum Beispiel einen hohen Stromverbrauch. Die Klangqualität der damaligen Röhrenradios wird nicht erreicht, – es rauscht und bei bestimmten Radiofrequenzen ist der Empfang nicht stabil möglich. Doch die geringe Größe macht einiges wett. Und innovativ ist der TR-1 auf jeden Fall auch gewesen!
Radiohören ist die Feierabendbeschäftigung, die Konkurrenz des Fernsehens noch unbedeutend. Hörspiel-Serien waren in den Abendstunden für viele Familien ein Pflichtprogramm. Gemeinsam wurde gehört und danach bewertet. Tags drauf gab es Anlass, in vielen Arbeitsstellen darüber zu diskutieren.
„Aus, aus, aus! Das Spiel ist aus!“
Für viele Fußball-Fans ist die Fernsehübertragung des WM-Finales Deutschland gegen Ungarn von 1954 Kult. Die berühmten Worte des Radioreporters Herbert Zimmermann („Aus, aus, aus! Das Spiel ist aus!“) vergisst so schnell niemand. Doch war es eigentlich der Radiopionier Ernst, der die Fernsehbilder des „Wunders von Bern“ live im TV kommentierte. Das Tonmaterial wurde jedoch nicht aufgezeichnet, so blieb nur die Hörfunkreportage von Zimmermann erhalten. Zusammengeschnitten mit den Bildaufnahmen haben sich die Worte dieser Radioreportage ins nationale Gedächtnis eingebrannt: „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen. Rahn schießt – Tor! Tor! Tor!“

Erst im Hörfunk, später “Straßenfeger” im Fernsehen.

Fast alle Sendungen, die später TV-Bestseller werden, haben zuvor ihre Premiere im Rundfunk erlebt, nebst ihren Protagonisten, wie Hans Rosenthal, Hans-Joachim Kulenkampff oder Peter Frankenfeld.
Peter Frankenfeld: „Mit dieser Ouvertüre haben wir also unseren heutigen Nachmittag begehen können und beginnen können, ‚Au, du lieber Ogus…‘ – das hätte ich mir aufschreiben sollen – ‚Oh, du lieber Augustin‘. Also, weil wir gerade von Namen sprechen, mein Name ist Frankenfeld, also das wird immer falsch ausgesprochen, wie Krankengeld, nur nicht so dick.“

Populär wurden Geschichten aus den “Königshäusern”, begründet durch die Krönung Elisabeths II. von England 1953, die als erste landesübergreifende Fernseh- und Radioübertragung in alle Welt gilt. Um so interessanter war der erste Besuch des Bundespräsidenten fünf Jahre später in London.
Die gefährliche Stimme des Klassenfeindes
Schlager, Witze und Warnungen vor Stasi-Agenten – im Kalten Krieg hörten die meisten Ostdeutschen einen Sender aus West-Berlin. Im Rias erfuhren sie, was der DDR-Rundfunk niemals senden durfte.
Entscheidend für das DDR-Regime war die Rolle des Rias. Der “Rundfunk im amerikanischen Sektor” war nach dem Krieg in den Vierziger- und Fünfzigerjahren in der Ostzone und späteren DDR so populär, dass bestimmte Rias-Sendungen wie Straßenfeger wirkten; dabei war Rias hören offiziell verpönt und später sogar verboten.
Am 27. Juni 1955 erklärte das Oberste Gericht der DDR den Rias zu einer “Spionage-, Sabotage- und Verbrecherorganisation”. Funktionäre warnten, Unterhaltungssendungen wie “Wer fragt, gewinnt” oder “Schlager der Woche” seien nur eine “Musikfalle”. Wer sich mit dem Rias einlässt, riskiert sein Leben.

Die Unterhaltungssendungen im Rias bildeten den Rahmen für ausführliche politische Berichterstattung. Sie machte bei den öffentlich-rechtlichen Sendern in den Fünfzigerjahren nur 15 Prozent des Programms aus, beim Rias dagegen 34 Prozent. Rias-Journalist Klaus Bölling, der später als Regierungssprecher von Helmut Schmidt bekannt wurde, sah die Aufgabe des Senders darin, “der platten Propaganda der kommunistischen Sender in Ost-Berlin eine wahrheitsgemäße, dokumentarische Journalistik entgegenzusetzen”. Den Schwerpunkt bildeten Berichte und Kommentare über Vorgänge in der “Zone”.
Wettlauf mit der Zeit: Sputnik macht Radiohören spannend

Radiohörer erleben 1959 eine Premiere: die erste Sendung, die über einen Radiosatelliten aus der Erdumlaufbahn verbreitet wird. Ausgestrahlt wird eine Rede des damaligen US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower. Das US-Raumfahrtprogramm nimmt während seiner Präsidentschaft seinen Anfang, der Sputnik-Schock 1957 wird zum Antreiber. Nachdem die Sowjetunion den ersten Satelliten in den Weltraum befördert hat, setzt ein Wettlauf der beiden politischen Systeme ein.
Die USA treiben ihr eigenes Weltraumprogramm voran. Von Sputnik aus werden Pieptöne gesendet, die USA wollen erstmals eine menschliche Stimme aus dem All schicken, die Mission heißt SCORE – „Signal Communication by Orbiting Relay“. Die Aufnahme wird über Kurzwelle ausgespielt. “My message is a simple one“, sagt Eisenhower. „Through this unique means, I convey to you and all mankind America’s wish for peace on earth and good will to men everywhere.” Übersetzt: „Meine Nachricht ist eine einfache. Über diese einzigartige Transportmöglichkeit schicke ich Ihnen und der gesamten Menschheit Amerikas Wünsche für Frieden auf Erden und Gottes Wille an alle Menschen, wo auch immer sie sich aufhalten.“

Werner von Braun mit US-Präsident John F. Kennedy in Cape Canaveral: Später spielte Braun bei der Nasa eine entscheidende Rolle bei der Raketenentwicklung und ermöglichte die Flüge zum Mond. Foto: Anonymous/ AP
Festzuhalten bleibt, dass diese Friedensgrüße von einer tödlichen Waffe aus gesendet werden: Die USA nutzen keinen echten Satelliten, sondern funktionieren eine Atomrakete um. Aus der Atlas-Rakete wird die Bombenfracht aus- und ein Radiosender eingebaut.
Die „Deutsche Welle“ für das Ausland
Die Deutsche Welle wird 1960 per Bundesgesetz zu einer eigenständigen Anstalt des öffentlichen Rechts. Da die Rundfunkanstalten bis dahin alle unter der Hoheit der Bundesländer organisiert sind, müssen bundesweite Sender neu organisiert werden. Die Deutsche Welle soll über Kurzwelle Rundfunksendungen für das Ausland und der Deutschlandfunk soll Rundfunksendungen für (ganz) Deutschland und das europäische Ausland produzieren. Eine per Bundesgesetz errichtete Rundfunkanstalt zur Versorgung der bundesrepublikanischen Bevölkerung ist aufgrund der Kulturhoheit der Länder nicht zulässig, so urteilt das Bundesverfassungsgericht im Februar 1961.
Offizielle Zielgruppen der Programme: Hörer in der DDR, in Osteuropa sowie in westeuropäischen Nachbarländern wie Italien, Frankreich, Benelux, Großbritannien, Irland, Dänemark, Norwegen und Schweden. Faktisch allerdings richtet sich der Deutschlandfunk vor allem an DDR-Bürger, denen eine Alternative gegeben werden soll zum Rundfunk der DDR.

In der nächsten Folge:
Mauerbau, Sonntagsrätsel und die Beatles
Die Zahl der Rundfunkhörer in der Bundesrepublik hat im Jahr 1959 15,9 Millionen erreicht. Die Funkindustrie erlebt ihren Höhepunkt. Ende 1960 gibt es bereits fast 3,4 Millionen Fernsehteilnehmer in der Bundesrepublik.
