Stresemanns Ganz normal

Die Geschichte des “Wunschkonzertes” (1): Der erste Musikwunsch kam von der Nachbarin

Bis heute haben alle Radiosender eines gemeinsam. Eine Sendung nämlich, in der die Zuhörer und Zuhörerinnen ihre Musikwünsche erfüllt bekommen. Bei einem Sender heißt die Sendung “Wunschecke” bei einem anderen “Wunschkarussell“ oder “Wunschkonzert“. Für fast alle Radiosender begann damit oftmals sogar erst einmal der Sendebetrieb.

Als Sternstunde ging 1920 die weltweit erste Radioübertragung eines Weihnachtskonzerts in die Geschichte des „Hör-Rundfunks“ ein. Die Deutsche Reichspost hatte 1919 eine ehemalige Militärfunkstelle auf dem „Funkerberg“ im brandenburgischen Königs Wusterhausen übernommen und zur Hauptsendestelle der Post ausgebaut.

Von hier wurden vor allem Presse- sowie Wirtschafts- und Börsennachrichten gesendet. Auf Anregung der für den später als deutscher „Pionier des Unterhaltungsrundfunks“ geltenden Ministerialdirektors im Reichspostministerium, Hans Bredow, ging im Dezember 1920 erstmals in Deutschland ein Konzert über den Äther. Fünf Reichspost-Angestellte boten mit Klarinette, Harmonium, Klavier und Geigen der zahlenmäßig noch sehr überschaubaren Menge von Rundfunkteilnehmern am 22. Dezember ein Weihnachtskonzert frei Haus.

Mitteilung aus dem Vox-Haus Berlin

Den ständig auf der Lauer liegenden Amateurfunkern entging naturgemäß dieser musikalische Versuchsballon nicht und sie tickten Bravogrüße zurück, voll des Lobes, alles verstanden zu haben.

Und am 29. Oktober 1921, mit einem eingeübten Gongschlag für Punkt 8 Uhr abends, schlug die Geburtsstunde des deutschen Rundfunks. Das Voxhaus in Berlin war das erste Funkhaus, als solches wurde es aber erst 1923 bezeichnet. Fast man alle Eindrücke und Erinnerungen an diese Zeit zusammen, so lässt sich einstimmig heraushören: Sie muss wahnsinnig aufregend gewesen sein.

Vom Tag der Erstsendung an kam dieses Haus nicht mehr zur Ruhe. Drinnen, besonders in den oberen Stockwerken, sah es wirklich “komisch” aus. Da hatte sich die Technik abenteuerlich etabliert, darunter lagen die Senderäume. Das Ur-Studio des deutschen Rundfunks war mit Pferdedecken, Sackleinwand und Scheuertüchern ausgeschlagen. Und damals war es geradezu ein Erlebnis und eine Ehre, dabei zu sein. Ein Geschenk des Himmels, evtl. mal eine Charge übernehmen zu dürfen.

Die erste bekannte Rundfunksendung war die “Funkstunde“. Den Kleinstformen der Musik gab man anfangs in dieser Sendung den Vorzug. Solovorträge aller Art, bis zu stückweisen Romanlesungen erfreuten sich großer Beliebtheit. Nicht nur Goethes Geburtstag ließ man beachtet vorübergehen, sondern man pferchte die Berliner Philharmoniker in die drangvolle Enge dieser Vox-Sauna, um ihnen bei drückender Hitze Beethovens Musik zu entlocken. Als erster offizieller Musikwunsch wurde der damals als einer der beliebtesten Schlager gefeierte Titel: „In fünfzig Jahren ist alles vorbei“.von Otto Reutter gespielt. Gewünscht von der Nachbarin eines Trompeters der Berliner Philharmoniker.

Und schließlich gab es auch das erste Wunschkonzert. Die „Funkstunde“ lieferte alles, und das live. So schob sich schließlich die Hörerzahl an die 1,5 Millionenmarke

Wie in den 20er-Jahren Radio gemacht wurde

Die große Staatspolitik, bis dahin aktuell nur aus den Tageszeitungen bekannt, gab sich ebenfalls vor dem blechernen Mikrofon ein Stelldichein. Erste Übertragungen aus dem Reichstag sorgten für großes Hörer-Interesse.

Im Juni 1929 hörten die Hamburger über ihr Radio zum ersten Mal das „Hamburger Hafenkonzert“, eine Radiosendung, die bis heute noch wöchentlich im Programm des Norddeutschen Rundfunks ausgestrahlt wird.

Im September 1924 erblickte die “Westdeutsche Funkstunde AG“ als Aktiengesellschaft in Münster das Licht der Welt. Zwei Jahre lang gab Münster den „Funkton“ an. Unterhaltungsmäßig geriet es dabei allerdings nicht sonderlich außer Rand und Band. Die angebotenen „Wunschkonzerte“ fanden meist nur wenige Hörer.  Es wurde herbe Fröhlichkeit in bedingt größeren Abständen gefiert, da allzu viel Lustigkeit aus dem Reservoir der Mitarbeiter oder der Münsteraner nicht herauszuholen war.

Aus Wuppertal kam eines Tages ein Bankbeamter zum Kölner Großsender Langenberg: Rudi Rauer servierte im Jahre 1926 in seiner sehr persönlichen Art das Morgenprogramm. Und auch dabei erfüllte er die Musikwünsche der Zuhörer. Mit dicken Schellackplatten stellte er sogar eine, wenn auch dürftige, Hitparade zusammen.

Für die Bilder & Töne danken wir dem Deutschen Rundfunk-Archiv.

In der nächsten Folge:
Die zweite Stunde Null

Nach den Gründerjahren des Rundfunks folgten jetzt die schweren Jahre.

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