Stresemanns Ganz normal

Die Geschichte des “Wunschkonzertes” (2): Die zweite Stunde Null

Die zweite Stunde Null schlug wieder in Berlin. Nach den Gründerjahren des Rundfunks folgten jetzt die schweren Jahre. 1933 flogen aus dem Voxhaus in Berlin die Führungskräfte mit einem Hausverbot in der Tasche. Alle Radiostationen im Lande wurden zu Reichssendern erklärt. Aus den vielen Kehlen, mit denen sich der Rundfunk in der Vergangenheit so beliebt machte, kam zunächst kein Ton.

Viele suchten das Weite, da sich die Zeichen der Zeit sehr verändert hatten. Ein Stab von Arbeitern der “Faust” schuf den “Volksempfänger“, denn es galt auch möglichst viele der letzten und ärmsten Volksgenossen einzufangen. Eine von Goebbels selbst erfundene und angeordnete Radiosendung wurde: „Der fröhliche Samstagnachmittag des Reichssenders Köln“. Wenn man vom uranfänglich eingebrachten „Hamburger Hafenkonzert“ absieht, war diese Radiosendung wohl der erste Blockbuster. Sie fegte die Straßen und Geschäfte leer.

Und dann kam schließlich eine Radio-Sendung, die den „fröhlichen Samstagnachmittag vom Reichssender Köln“ in den Schatten stellte. Im Winterhalbjahr 1935 begann eine Kette von 25 Wunschkonzerten. Wer spenden wollte, schickte sein Geld per Post an das „Wunschkonzert für das Winterhilfswerk“ ins Funkhaus Berlin in der Masurenallee. Der Dank des Vaterlandes war ihm in Form der Namensnennung gewiss.

Die zweite Stunde Null

Kurz und knapp: Die Sendezeit hieß Geld. So wollte der kleine Klaus-Dieter eine Dampflok für 20 Reichsmark pfeifen hören. Sie pfiff. Herr Géezy möge seine Geige weinen lassen. Sie weinte für 100 Reichsmark. Im März 1939 vermittelte das “Wunschkonzert” die letzten Wünsche für kleine Spenden. Die geplante Fortsetzung im Herbst 1939 fiel ins Wasser. Es kam anders, es war inzwischen Weltkrieg. Was lag nun näher, als ein “Wunschkonzert für die Wehrmacht” zu veranstalten.

Und im Gänsemarsch trabten sie an, die Stars von damals, die bereit waren, der guten Sache und schlechten Propaganda wegen Musikwünsche live zu erfüllen. Für eine Höchstgage von 500 Reichsmark. Das “Wunschkonzert der Wehrmacht” anfangs so beschwingt und heiter, verwandelte sich im Laufe seiner sechsjährigen Sendezeit in eine, für viele Interpreten recht strapaziöse, Durchhalteparade. Den lockeren Sitten ging man umso heftiger zu Leibe, je näher die Fronten rückten.

Goebbels 1933: Der Rundfunk gehört uns

Schließlich gab es das „Wunschkonzert“ nicht mehr. Herr Generalintendant war spurlos verschwunden. Und viele andere auch. Ein Grüppchen bewaffneter Sowjetsoldaten zog in das Haus des Rundfunks in Berlin ein. Die Zeit in diesem Haus war ohnehin abgelaufen. Funkstille, überall im Reich. Unter der Regie des Reichspropagandaministers Goebbels diente das Radio der Gleichschaltung.

Zur Feier der Machtergreifung brachte die Industrie als Gemeinschaftsprojekt – den “Volksempfänger“ auf den Markt, dessen Typenbezeichnung VE 301 an den 30.01. der Geburtsstunde des “Dritten Reiches” erinnern sollte. von dem 76 Mark teuren Gerät wurden am ersten Tag, so die Propaganda der Nazis, bereits 100.000 Stück verkauft. Für die fünf Millionen Rundfunkteilnehmer war das Rundfunkhören damit zwar billig, aber auch einseitig geworden.

Für die Bilder & Töne danken wir dem Deutschen Rundfunk-Archiv.

In der nächsten Folge: Musikwünsche zur Hörerbindung


Nach dem Zusammenbruch des tausendjährigen Reiches dauerte es etwas länger, bis wieder Musikwünsche die Deutschen erfreuten.

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