Es war ein feuchter Tag im November in Großbritannien, als ich an der Stelle des Haustores stand. Fassungslos starrte mich mein Kollege an. Er schien an meinem Verstand zu zweifeln. „Sie wollen doch nicht etwa….“, stotterte er ungläubig und deutete auf die Straße.

„Ja, ich will“, knirschte ich entschlossen. „Ich werde diese Straße durchqueren, koste es was es wolle“. „Warum?“, schrie er und stürzte sich auf mich. Er packte mich an der Jacke, um mich festzuhalten. „Ist Ihnen denn klar was da draußen … da draußen auf Sie lauert, Mensch!“ drang er in mich ein. Seine Stimme überschlug sich, als er mich beschwor: „Muss das gerade diese Straße sein. Einhundert und siebenundzwanzig Hunde! Allein in dieser Straße! Ohne Leine!“
„Ich weiß“, antwortete ich mit zusammengepressten Kiefern. „Aber ich habe mich entschlossen.“ „Sie sind wahnsinnig!“ rief er jetzt. „niemand ist bisher ungeschoren bis zur Ecke gekommen! Niemand! Sie haben keine Chance!“ „Darauf kommt es nicht an“, erwiderte ich gelassen. „Wenn die Stunde für einen geschlagen hat, kann man ohnehin nicht entkommen!“

„Nein! Ich lasse Sie so nicht gehen!“ Mein Kollege stellte sich jetzt in meinen Weg und starrte auf meine Schuhe. „Es ist Wahnsinn! Ich gehe für Sie! Ich habe Gummistiefel! Damit habe ich eher eine Chance!“ Ich riss mich los und betrat entschlossen den Sumpf der Großstadt Hunde. Und da sah ich es auch schon. Überall. Ein höllischer Anblick! Hier ein Haufen, dort ein Haufen, kaum Platz für die Zehenspitzen. Vorsichtig tänzelte ich durch den Hinderniskurs, meine Kehle vor Angst zugeschnürt. Meine Nase auch. Zehn Meter, zwanzig Meter, fünfzig Meter – ein Alptraum. Hoppla, beinahe ausgerutscht. Hier war ein mächtiger Schäferhund am Werk gewesen, drei große Pflastersteine voll. Im Bruchteil eine Sekunde lief das Leben vor meinen Augen ab – aber dann hatte ich mein Gleichgewicht gefangen und stolperte weiter. Plötzlich hörte ich einen furchtbaren, grässlichen Schrei. Den Schrei höchster Verzweiflung. Unweit von mir war ein gut gekleideter Herr daneben getreten. Von Ekel gepackt wandte ich meine Augen von dem grässlichen Anblick ab. „Armer Teufel!“ flüsterte ich und wankte weiter.
Schritt für Schritt kam ich voran, immer größer wuchs mir das Haus meines Kunden entgegen. Mein Herz klopfte wie rasend. Würde ich es schaffen? Jetzt noch ein Riesensprung – und ich war da! Mein Kunde umarmte mich wortlos. Die Rührung hatte ihm die Sprache verschlagen.

„Sie haben es geschafft. Ich wusste, dass ich mich auf Sie verlassen kann“, brach es endlich aus ihm heraus. „Sie haben es wirklich geschafft! Der erste, der durch die Wellington-Allee kommt – sauber! Wissen Sie, was Sie geleistet haben? Sie haben den größten Hundesumpf unserer Stadt durchquert!“
Plötzlich spürte ich etwas Warmes, Feuchtes in meinem Gesicht. Waren es die Tränen der Erleichterung? Ich griff nach oben. Nein, eine Taube hatte mich mit voller Ladung getroffen …