Entschieden unheimlich wird es, wenn Gebäude und Räume, die wir eigentlich mit Sicherheit, Behaglichkeit, Entspannung verbinden, sich als genau das Gegenteil herausstellen. Berühmte Filmklassiker fallen einem ein: Alfred Hitchcocks „Psycho” mit dem düsteren alten Haus von Norman Bates und seiner Mutter, auf einer Anhöhe hinter dem abgelegenen Motel, in dem Norman mordet.
Oder in Stanley Kubricks „Shining” das einsame, verlassene Grandhotel in den Bergen, in das sich der Schriftsteller Jack mit Frau und Kind zurückzieht. um seine Schreibblockade zu überwinden. bis — genährt vom Ungeist des Ortes massive psychotische Energien immer mehr von ihm Besitz ergreifen und er seine Liebsten zu toten sucht.


In Lars von Triers seinerzeit sehr erfolgreichem Fernseh-Mehrteiler „Geister“ ist es ein altes, riesiges Krankenhaus. von dem langsam die dämonischen Wesenheiten Besitz ergreifen, die seit Urzeiten in dem trockengelegten Moor gehaust haben, auf dem das Hospital errichtet wurde. Und natürlich sind es dann hier zunächst vor allem die Kellergewölbe, in denen das Böse aufbricht, wie ja überhaupt alte Keller – und of auch Dachböden – eher zu meiden gesucht werden.
Erinnern mag man auch an Roman Polanskis Mystery-Thriller „Rosemary´s Baby“, über die Zeugung und Geburt eines Kindes, das niemand anderes ist als der Antichrist: Hier wird ein altehrwürdiges, ebenso stattliches wie düsteres New Yorker Appartement-Building zum Raum des Grauens, nicht zuletzt auch deshalb, weil geheime Verbindungen die Grenzen zwischen den Wohnungen auflösen.
Auch all die ;Lost Places‘, all die verlassenen Orte, zu denen uns Filmerzählungen führen, kommen einen in den Sinn: Ruinen, leerstehende Villen, Bunker oder auch Relikte erloschener Fabriken, wie etwa in Gestalt der geheimnisvollen, wie ein lebendiger Organismus wirkenden ,Zone‘ in Andrej Tarkowskijs „Stalker“. Die Reihe der unheimlichen Räume im Film ließe sich schier endlos und mit immer neuen Varianten und Schattierungen fortsetzen.
Die Geschichte des Kinos ist ohne sie kaum denkbar, denn hier verdichtet sich für die Zuschauer jene Spannung und Faszination und Erschrecken, jene enge Verschränkung von „fascinosum of tremendum“, die wie das Heilige auf das Schreckliche kennzeichnet und schon immer eine dunkle Anziehungskraft ausübt


Bel allem Facettenreichturn gibt es doch einige ,Zutaten’ mit denen – zumal wenn mehrere zusammenspielen – ein Regisseur oder Set-Designer potentiell jeden Raum in einen unheimlichen verwandeln kann. Dazu gehört – um nur an einige wenige Strategien zu erinnern – ganz zentral das Moment der Unübersichtlichkeit. Diese kann gleichermaßen aus einer Verdüsterung oder gar vollständigen Verdunkelung von Teilen des Handlungsraums resultieren wie aus der Desorientierung hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Zimmern, Gängen, Treppen etc. Umgekehrt zur Verdunkelung kann auch die grelle, kalte Ausleuchtung von Räumen bedrängend wirken, und etwa eine Figur, die in das blendende Licht eines weiten, leeren Raumes tritt, noch ausgesetzter, wie zugerichtet für einen Anschlag auf ihre Unversehrtheit, erscheinen lassen.
Unbehaglich wird für die Zuschauer auch die Abwesenheit von Menschen, die man ‘ an einem Ort, wie dem gezeigten, eigentlich erwartet. Dieses Unbehagen wächst schnell ins Unheimliche, wenn die Inszenierung die Anwesenheit (noch?) unsichtbarer anderer vermuten oder ahnen lässt, anderer, die sich noch verborgen halten, weil sie nichts Gutes im Schilde führen. Warum blähen sich die Gardinen, obwohl vorher alle Fenster geschlossen wurden? Woher kommen Geräusche, wo sich doch vermeintlich nichts bewegt und niemand da ist? Woher kommen aus der Leere Stimmen, woher ein Gesang? Das Unlogische ist das Beängstigende.
Das Logische oder die Aufklärung mag dagegen gut sein, aber für so manche Filmidee ist sie auch schade.

