Begleitet mich bei einem Stadtbummel durch Münster
Hallo ihr Lieben, wieder einmal ist es der 12. Eines Monats. Noch dazu der 12. Im März 2021. Mir fällt da gerade dieses Lied ein: „Im Märzen der Bauer …“. Also Bauer bin ich nicht und mein Betätigungsfeld hat eher die Größe eines Schreibtisches und den habe ich in den letzten Monaten zu Genüge gesehen. Daher lade ich euch ein, heute mal ein wenig die Stadt kennenzulernen, aus der dieser Blog kommt. Das Wetter ist gerade annehmbar. Heute also viel Spaß mit Eindrücken und Geschichten aus Münster.
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Wenn man´s genau nimmt, hat der Mönch Liudger im Jahre 793 den Sachsen eins auf die Mütze gegeben. Die siedelten bereits im Gebiet des heutigen Münster, nannten ihre Ortschaft Mimigerneford und warteten nicht unbedingt auf den christlichen Bekehrer. Auch Liudger, von Karl dem Großen in den wilden Osten seines Reiches geschickt, traute den Sachsen nicht und errichtete deshalb ein befestigtes Kloster, ein „Monasterium“. Daraus wurde Münster, aus Liudger ein Bischof und aus Münster ein Bischofssitz. Die folgenden Jahrhunderte sind aus Platz- und Zeitgründen nicht der Rede wert.
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Allerdings auf das Jahr 1534 gilt es noch hinzuweisen. Auf die des Täuferreiches von Münster. Das gipfelte in der Proklamation des Königreichs Zion im September 1534 durch einen gewissen Jan van Leyden mit sich selbst als König. Er schaffte die Folter ab, sprach aber Todesurteile aus. Auf Grund des erheblichen Frauenüberschusses wurde die Polygynie eingeführt. Jan van Leiden selbst ehelichte im Verlauf des Täuferreiches 16 Frauen. Sein Königreich hatte aber nur knapp 10 Monate Bestand, denn am 24. Juni 1535 besetzten die Truppen des Bischofs von Waldeck die Stadt. Die auf grausame Weise gefolterten und hingerichteten Täufer wurden anschließend in drei eiserne Käfige an der Lambertikirche zur Abschreckung aufgehängt. Die Originale der Körbe hängen dort noch immer.
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1648 wurde in Münster und Osnabrück der Westfälische Friede geschlossen, mit welchem der Dreißig- und der Achtzigjährige Krieg beendet wurden. Zwischendurch besetzten die Holländer Münster, wurden von den Franzosen verhauen, die wiederum von den Preußen vertrieben wurden. Irgendwie ist jetzt hier von jedem was hängen geblieben.
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Im Jahre 1835 veröffentlichte ein unbekannter Verfasser ein Werk, dass in Münster bis heute zu Diskussionen führt. Das Buch trägt den vielsagenden Titel: „Beschreibungen über den Münsteraner an sich und über alles“. Vieles was damals über uns Münsteraner gesagt wurde, hat wohl auch heute noch Bestand: „Die Münsteraner sind mehr aufrichtig als einfältig, stark von Leibe und geschickt alle Arbeiten zu ertragen. Aber Hunger und Durst können sie nicht leiden, wie wohl sie mit einfacher Kost zufrieden wären und nicht weniger als prächtig essen. Die Münsteranerin macht immer ein freundliches Gesicht, außer wenn sie Geld braucht oder ein neues Kleid. Sie schafft es, an einem Laden vorbeizugehen, ohne darin einzukaufen und geht in die Kirche, damit der Geistliche da nicht so allein ist“. Der Verfasser des Büchleins rät zum Schluss: „Schauen sie dem Münsteraner immer genau in die Augen, nur so nimmt er sie auch wahr!“
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Diese Stadt hat genau die richtige Größe: Sie ist nicht so klein, dass tote Hose wäre. Sie ist nicht so groß, dass man den Überblick verliert. Man kann hier alles schnell erreichen. Münster ist eine Komplettstadt mit 18 Museen, Uni, Zoo, einem Drei-Sparten-Theater, Planetarium, Gericht und Klinikum. Sie hat außerdem 1.586 Verkehrsampeln, 139 Bäckereien, 157 Apotheken. 212 Kneipen, 22 Kirchen, 53 Reitervereine und – meine Damen – 37 Schuhgeschäfte. Derzeit leben in Münster rund 310.000 Einwohner, dazu kommen noch 33.000 Studenten. Die Stadt hat 470 Hektar Grünflächen und ca. 100.000 Bäume. Bei 40.000 angemeldeten Hunden gibt das je Hund zwei Bäume.
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Drei Prozent aller deutschen Erfindungen kommen aus Münster. Hier wurde vor 30 Jahren das Navigationsgerät erfunden (im Bild ein Prototyp). Sonst sprechen die Münsteraner gern in Superlativen: Klimahauptstadt Deutschland, familienfreundlichste Großstadt NRW, Lebenswerteste Stadt der Welt, kinder- und reformfreudigste Stadt Deutschlands, Fahrradmetropole …
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Da haben wir es: Was Münsteraner am meisten lieben ist ihr Fahrrad. Selbst auf der schnuckeligsten Veranstaltung singt in Münster keiner: „Joah, wir sind mit dem Radl do!“ – weil es ist sowieso jeder mit dem Radl do. Das wundert viele Besucher: „Was so nahe ist die holländische Grenze?“ Wenn ihr mal in Münster seid, achtet mal darauf: Es gibt hier kein Haus, an dem nicht ein Fahrrad vor der Tür steht. In Münster gibt es – so schätzen es Stadtverwaltung und Polizei – ca. 750.000 Fahrräder. Der Münsteraner nennt überwiegend 3 Stahlrösser sein eigen: Ein festes, gutes Stadt-Rad für den Weg zur Arbeit, ein Sport-Rad für die Freizeit bzw. ein Shopping-Rad für den Einkauf und eine “Fahrrad-Rostlaube” für die Fahrt zum abendlichen Umtrunk. Statistisch gesehen war Münster im Jahre 2018 die einzige Stadt in NRW, in der mehr Fahrräder als Pkw verkauft wurden. Kein Wunder also, dass Münster seit nunmehr fast 25 Jahren in der Fahrrad-Diebstahlquote unangefochten vorne liegt. Fast 7.000 Räder werden Jahr für Jahr gestohlen.
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Natürlich hat Münster auch Prominente: Zum einen die tierischen, wie die Pinguindame Sandy, die sich vor einiger Zeit in einen 15 Jahre älteren Pinguinmann verliebte, nachdem sie zuvor nur mit ihrem Pfleger turtelte. Oder eben der Trauerschwan Petra, die vor gut 10 Jahren weltweit bekannt wurde, weil sie sich in einen großen Holzschwan verliebte. Über das Liebesleben der Münsteraner ist sonst recht wenig bekannt, außer das hier in den 60er Jahren mal der Spielfilm „Alle Jahre wieder“ gedreht wurde, in dem der Hauptdarsteller seine Geliebte im Hotel besuchte. Der Film sorgte bei seiner Uraufführung in Münster damals für ziemliche Unruhe. Heute geht es mehr um Kultur und Politik, jedenfalls was die Prominenten anbelangt: Günter Jauch, Götz Alzmann, Ute Lemper, Tanita Tikaram, Jens Spahn, Franka Potente sind in Münster geboren. Sonst ist diese Stadt mehr durch seine Kriminalisten wie Wilsberg und das Tatort-Team bekannt.
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Was hier gern verschwiegen wird. Es sind vor allem Frauen, die Münster ein wenig populär gemacht haben, weil sie meistens durch ihr Verhalten oder ihr Tun Veränderungen bewirkten. Dazu gehören Anastasius Rosenstengel, die Frau in Männerkleidung als Mann auftretend, die sich hier 1718 taufen und mit der Mühlhahnin trauen ließ oder die beiden katholischen Theologinnen Dr. Iris Müller und Dr. Ida Raming, die sich 2002 zu Priesterinnen weihen ließen. Auch die Generalpostmeisterin der Kaiserlichen Reichspost Alexandrine von Taxis, die Studentin Ulrike Marie Meinhof als Friedensaktivistin und spätere RAF-Terroristin oder der Äbtissin Ida von Merveldt und die Beginen haben Münsters Geschichte geprägt. Alle Single-Männer aufgepasst: In Münster, so hat das Männermagazin “Men’s Health” herausgefunden, findet man den größten Frauenanteil aller deutschen Großstädte. Dem Bericht zufolge sind 52,9 Prozent der Münsteraner Bevölkerung weiblichen Geschlechts. Sowohl bei den Studierenden an der WWU Münster (Frauenanteil: 55,1 Prozent) als auch bei den Studienanfängerinnen und -anfängern (Frauenanteil: 58,7 Prozent) ist ein in der Summe deutlich ausgewogenes Geschlechterverhältnis festzustellen (Stand: WS 2019/2020).
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Dann gibt es hier ein 63 Meter hohes Haus mit ganz viel Technik, von dem ich euch noch kurz berichten möchte. Unter anderem versorgt das Hochhaus sich selbst mit Energie. Dies geschieht auch in den Aufzügen. Wer einen der drei schnellen Lifts betritt wird zunächst ganz unbemerkt gewogen. Die Daten nutzt das Haus um zu errechnen, wie viel Energie zum Transport dieser Person benötigt wird. Vor allem viele weibliche Fahrgäste wollten wissen, ob denn diese Daten gespeichert oder veröffentlicht werden.
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In Münster heißt es: „Entweder es regnet oder die Glocken läuten“. Und wenn beides zusammenfällt, dann ist Sonntag. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft investierte 300.000 Euro, um herauszufinden, dass es in Münster 17 verschiedene Regenarten gibt. Das hätten die durch Nachfrage bei Münsteranern auch billiger kriegen können. Wenn mehr Regenschirme als Fahrräder zu sehen sind, dann nimmt der Münsteraner den „Meimel“ – wie er ihn nennt – erst richtig ernst. Sonst wird das eben einfach ignoriert. Tatsächlich aber entspricht die Niederschlagsmenge der Stadt mit rund 744 mm pro Jahr etwa dem Durschnitt in Deutschland.
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Das Münsteraner und Basler sehr an Dingen aus vergangenen Zeiten hängen, beweisen unzählige Internetseiten mit „Dingen von früher“. Eine äußerst populäre ist die Facebook-Seite „Verschwundenes Münster“, auf der Dinge gesammelt werden, die – ihr ahnt es – aus Münster verschwunden sind. Münster hatte z.B. mal eine Straßenbahn, das Café Schucan, das Odeon und sogar einen McDonalds an der Salzstraße. Der Kollege Ralf Heimann freut sich sehr, wenn auch die weggezogenen Münsteraner einmal in ihren alten Bildern kramen, ob sie noch etwas haben, von Dingen aus Münster, die es nicht mehr gibt.
Ich verziehe mich nun auch von hier, im Gegensatz zu den Dingen aus Münster, die es nicht mehr gibt, bin ich aber zu den nächsten „12 von 12“ wieder da, mit ganz aktuellen Themen aus der Redaktion. Schon in der Hoffnung, dass unser Redaktionsalltag dann wieder ein wenig normal – also wie früher – läuft und „Corona“ ein Ding sein wird, das es fast nicht mehr gibt. Drücken wir uns dazu alle die Daumen.
Nun bin ich gespannt, was andere an diesem 12. Januar 2021 so erlebt haben. Dazu verlinke ich meinen Beitrag noch rüber zu Caros Blog „Draußen nur Kännchen“. Caro betreut das Projekt und sammelt allmonatlich als Linkliste die Meldungen anderer Blogger/Innen. Wer sich auch einmal in anderen #12von12 Tagesabläufen umgucken möchte… die gemeldeten Blogeinträge des 12. Dezember 2019 werden hier gesammelt. Abermals Danke Caro für Deine große Mühe.
Hier findet ihr Geschichten aus dem Alltag, eben menschlich und ganz normal. Berühmt werden wollen wir mit diesem Blog nicht, sondern euch darüber informieren, was uns ein-, auf- oder überfällt.
Dieser Blog ist ein kleines Experiment, nicht nur dann, wenn er funktioniert, sondern auch dann, wenn er gelesen wird. Wir sagen “Danke” dafür.
Mehr über den Blog und über uns unter: “Das Team dieses Blogs”
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