Ob aufwärts oder abwärts – auf der kleinsten Kleinkunstbühne läuft nonstop ein Erfolgsstück: Menschen im Lift. Egal ob im Büro oder zu Hause, wer sich morgens schon liften lässt und das in einem Aufzug, der ist hier zu Lande nicht gut drauf.
Der Fahrstuhl an sich ist zweifellos eine nützliche Erfindung. Gleichwohl, die Menschen sind nicht für Lifte geschaffen. Hautnah zusammengepfercht stehen sie in einer stickigen, engen Kabine, schauen krampfhaft aneinander vorbei, frei nach dem Motto: Wenn sich die Blicke nicht kreuzen, bin ich wenigstens formal auf Distanz. Herausgefunden haben das Verhaltensforscher der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster.

Wir wissen dadurch sogar noch mehr: Die Menschen benehmen sich im Fahrstuhl deshalb so distanziert, weil der richtige Mitfahrer fehlt. Wie war es doch früher so schön, als die Fahrstuhlkabine nur vom geschulten Fahrpersonal bedient werden durfte. Dazu ein liebes Wort, ein kleines Schwätzchen zur rechten Zeit und der Tag war gerettet. Doch wer rettet unsere Aufzugstage heute?

Es bleibt uns wirklich nichts anderes übrig, als selbst die Programmgestaltung während des Liftens zu übernehmen. Da sprechen dann die Damen untereinander vorzugsweise über Kochrezepte, Herren über Damen. Neben diesen normalen Aufzugspassagieren gibt es noch die Finsterlinge, die den Platzmangel skrupellos ausnutzen. Die notorischen Po-Kneifer und die Taschendiebe.
In einer Behörde blieb jeden Mittag zur selben Zeit eine Aufzugskabine stecken. Der Mechaniker suchte und fand die Übeltäter: Keine Finsterlinge, keine Taschendiebe, eher schmachtende Verliebte. Kein Wunder, dass die Filmindustrie diese Kabine im Schacht längst als Schauplatz für aufregende und psychologische Szenen entdeckt hat: Hochdramatisch im „Fahrstuhl zum Schafott”, symbolträchtig im „Männer-„Paternoster und panisch im Kinothriller „Abwärts”.
Andere haben weniger Angst vor voll besetzten Aufzugkabinen, sind sie doch eine hervorragende Kleinkunstbühne menschlicher Possen. Gespielt wird aus dem Stegreif und das Nonstop. Hereinspaziert und auf den Knopf gedrückt! Die Tür schließt sich, die Vorstellung beginnt. In einem Kölner Kaufhaus erinnert man sich noch an den Auftritt einer jungen Dame, die in der voll besetzten Aufzugkabine ein selbst verfasstes Gedicht zum Besten gab: „Leben ist über Abgründen schweben – schon viele stürzten, es genügte ein Hauch – o lacht nur, ihr Narren, bald stürzen wir auch.” Die junge Dame bekam danach übrigens Hausverbot.
