Nach Angaben des Westdeutschen Rundfunks (WDR) kostete ein Röhrenradio in den zwanziger Jahren um die 400 Reichsmark, ein einfacheres Detektorgerät mit Kopfhörern 70 Mark, zuzüglich Rundfunkgebühren von zwei Mark pro Monat. Bei einem Verdienst von 88 Pfennig pro Stunde war das eine Menge Geld. Manch einer bastelte sich da lieber ein eigenes Gerät, was jedoch von der Post unter Androhung von Gefängnisstrafe streng geahndet wurde.

Das neue Medium fand nichtsdestotrotz schnell seine Anhänger. Gab es im Oktober 1924 noch rund 6000 Empfangsgeräte, waren es im Dezember laut WDR schon rund 14.000.Schon im April 1924 gab es in Deutschland 10.000 angemeldete Rundfunkteilnehmer, die eine monatliche Gebühr von zwei Mark zahlten. Vier Jahre später drückten sich bereits zwei Millionen angemeldete Hörer die Kopfhörer auf die Ohren, um den kratzenden Tönen des Detektors zu lauschen. 1932 waren es vier Millionen geworden.
Musik, Hörspiele, Kunst und Werbung

Verschiedene Sprecher*innen, Geräusche und Musik erwecken fiktive Geschichten zum Leben und Liefern ein Erlebnis für die Ohren. Das Hörspiel, zunächst noch »Sendespiel«, feiert 1924 auf Welle 467 in Frankfurt am Main seine Radiopremiere. Der »Berliner Sender« installiert 1926 eine Wanne, um Wasser- und Regengeräusche zu erzeugen. Eine von zahlreichen kreativen Lösungen, um hörbare Welten zu zaubern und Geschichten nach allen Regeln der Kunst zu erzählen.
Politik gibt es zunächst nur in den Nachrichtensendungen, die den regionalen Rundfunkgesellschaften zentral von der „Dradag“, der staatsnahen „Drahtlosen Dienst AG“, zugeliefert werden. Doch seit Ende der 20er-Jahre entwickelt sich der Rundfunk mehr und mehr zu einem Sprachrohr der Reichsregierung. Jeder Minister kann sich einer Sendezeit gewiss sein, wenn er es nur will. Die Opposition bleibt noch außen vor.
Der Jazz wurde durch das Radio schneller in Deutschland bekannt
In den Golden Zwanzigern kommt der Jazz nach Deutschland und erobert die Herzen des Publikums im Sturm. Berlin wird zur europäischen Metropole des Jazz, es entstehen pausenlos neue Tanzbars. Deutsche Schallplatten-Firmen machen US-Musiker wie Louis Armstrong, Duke Ellington und Benny Goodman populär.

Panne bei der ersten Live-Übertragung
Im Sommer 1925 wird aus Münster eine Ruderregatta, am 1. November ein Fußballspiel im Radio kommentiert – die ersten Live-Sportreportagen der Geschichte. Und dann passierte die Panne. Am 1. November 1925 spielt nur die „Provinzklasse“ – der SC Preußen Münster gegen Arminia Bielefeld. Und doch geschieht im westfälischen Münster etwas Epochales. Schließlich soll hier die erste deutsche Fußball-Liveberichterstattung über den Äther gehen.

Alles ist sorgfältig vorbereitet. Für die Radiopremiere wurde extra eine Kabelleitung vom Funkhaus zum Preußen-Stadion über knapp drei Kilometer verlegt. Das Mikrofon haben die Techniker dicht hinter dem Tor aufgehängt – nur geschützt durch ein kleines Hockeytor, „damit der Schlachtenlärm der Kämpfer die Atmosphäre noch besser belebe“, wie es Reporter Bernhard Ernst später in seinem Buch „Rund um das Mikrofon“ formulierte. Doch als der Journalist seine wohlüberlegten ersten Worte spricht, hört das Publikum – nichts. Wie sich später herausstellte, hat ein „diensteifriger Postmann“ vor dem Spiel dem Kabelschacht in der Stadt „einen Besuch abgestattet“ und die mühsam verlegte Leitung „aus den Fugen gebracht“.
Dass der Spielbericht trotzdem in die Geschichtsbücher eingeht, ist der Geistesgegenwart eines Technikers zu verdanken, der Ernst kurzerhand das Telefon in die Hand drückt, das eigentlich zur Verständigung mit dem Funkhaus vorgesehen ist. Das historische Spiel von 1925 verliert Gastgeber Preußen Münster deutlich mit 0:5, aber die Fußball-Reportage ist seither nicht mehr aus den Radioprogrammen wegzudenken. An den Moderator erinnert heute ein Straßenname.
Ein halbes Jahr später wird das erste Fußballländerspiel, Deutschland gegen Niederlande, übertragen. Wie der Sport erfordert auch die Berichterstattung Schnelligkeit, Präzision und Teamwork.
Dank neuer Fertigungsmethoden waren Röhrenradios relativ preiswert. Das erste am weitesten verbreitete Gerät wurde in Deutschland fünf Jahre lang von Audion, der damaligen Loewe-Audion GmbH, produziert – der Ortsempfänger OE333 (siehe oben). Siegmund Loewe gehörte zu den Pionieren der Radiotechnik und wird in der englischsprachigen Literatur als “deutscher Henry Ford” beschrieben.
Radio-Design in frühen Jahren – von Prunk-objekten und Musikschränken
Designer entwarfen Radios in verschiedensten Formen – von der Standuhr über die Kasten- und Pultform bis hin zur Kathedrale (Bild links). Die Wiedergabe war irgendwann nicht mehr nur über Kopfhörer, sondern über Trichter und Lautsprecher möglich.

Diese kamen als neue gestalterische Elemente hinzu und veränderten das Radio-Design erneut, ebenso wie die spätere Einführung des Drehkondensators für die Sendersuche. Der geringere Platzbedarf eröffnete Designern ganz neue Möglichkeiten. Schmuckvolle Verzierungen, aufwendige Holzinlets, Furnierklebearbeiten und Stoffblenden machten das Radio zum wahren Prunkobjekt. Auch in der Größe gab es keine Grenzen: Vom Tischgerät bis zum Musikschrank war über die Jahre alles erhältlich.

Albert Einstein auf der Deutschen Funkausstellung und Phonoschau in Berlin
Bei der 7. Deutschen Funkausstellung und Phonoschau 1930 in Berlin, dem Vorgänger der heutigen IFA (Internationale Funkausstellung), hält Nobelpreisträger Albert Einstein die Eröffnungsrede, welche auch im Rundfunk übertragen wird. Diesen Umstand aufgreifend beginnt er die Rede humorvoll mit »Verehrte An- und Abwesende«.

In der nächsten Folge:
1933 – 1939
30. Januar 1933, Tag der Machtübernahme – Adolf Hitler hat sein vorläufiges Ziel erreicht: Reichspräsident Paul von Hindenburg ernennt ihn zum Reichskanzler. Noch am selben Abend übertragen die Rundfunkanstalten den Fackelzug zu Ehren des “Führers”. Am Tag darauf hält Hitler seine erste Radioansprache. Für ihn ist klar: “Der Rundfunk ist ein Hauptmittel der Volksaufklärung und Propaganda.